Auch im Plattdeutschen gibt es viele Sprüche, Redewendungen und "geflügelte Worte". Einige davon möchte ich Ihnen hier vorstellen.
Wenn jemand allzu neugierig ist (insbesondere bei "Pottkiekern", also Leuten, die dem Koch neugierig in die Töpfe schauen), wird gerne dieser Spruch verwendet (von meinem Opa väterlicherseits):
"Kiek", sä de Katten, kaaks in 'n Pott, dor krech 's einen mit 'n Schleif an 'n Kopp!
"Schau", sagte die Katze, sah in den Topf, da bekam sie was mit der Suppenkelle an den Kopf!
Der Lieblingsspruch meines Opas väterlicherseits, meist verwendet, wenn jemand allzu gierig wurde:
All't mit Måten un Schluck mit'n Schleif!
Alles in Maßen und Schnaps mit der Suppenkelle!
Plattdeutsche Sprüche sind oft respektlos und sagen genau, was der Sprecher denkt, so dieser über Frauen, die sich im Alter noch furchtbar auftakeln:
Wenn Kaje bisset, klappert er de Klånen.
Wenn Kühe rennen, klappern ihre Klauen.
Kühe sind nun einmal alte Rindviecher, und wenn die älteren unter ihnen zu Rennen anfangen, klappern die Klauen tatsächlich aneinander (es sei denn, der Bauer hat selbige zurückschnitten). Üblicherweise rennen alte Kühe aber nicht, das ist eher den jungen überlassen. Mit dem Spruch ist also gemeint, daß es nicht funktioniert, sich mittels Schminke etc. jünger zu machen, man verrät sich doch.
Auch Norddeutsche wissen, wo ihre Grenzen sind:
Kegen 'n Backohmd kamme nich jåånen!
Gegen einen Backofen kann man nicht (an-)gähnen!
Gemeint ist: Der Backofen hat die größere Klappe, er ist also vorlauter und mächtiger, daher soll man die Sache auf sich breuhen lassen. kamme ist eine Kontraktion aus kann me kann man.
Man sollte sich nicht mit Gesindel abgeben:
Wecker sick mit Schwienekötels franget, krich schmeerige Fingers!
Wer sich mit Schweinescheiße zankt, bekommt dreckige Finger!
Nun zur Tierwelt:
Kiewitt!
Wor bliewick?
In 'n Brümmlbeernbuschk!
Dor sitt ick,
dor flaat ick,
dor hewwick miene Lust!
Kiebitz! Wo bleibe ich? Im Brombeerbusch! Da sitze ich, da flöte (pfeife) ich, da habe ich meine Lust.
Der Spruch leht sich an den typischen Ruf des Kiebitzes an.
Hewwick ist eine Kontraktion aus heff ick.
Auch auf die Frage, wann jemand es verdient hat zu leben, haben wir Norddeutschen eine Antwort parat:
Wecker daat, watte kann
un ett, datte steehnt,
dann ißße wert, datte leewet.
Wer tut, was er kann, und ißt, daß er stöhnt, dann ist er wert, daß er lebt.
datte, watte, ißße sind kontraktionen aus datt hei, watt hei, iß hei.
Mein Bruder Thomas hat diesen Spruch etwas umgedichtet:
Wenn eine ett, watte kann
un kann (daat), watte ett,
wette nich fett!
Wenn einer ißt, was er kann, und kann (tut), was er iß, wird er nicht fett!
Auch zur ewigen Wennsagerei hat der Bersenbrücker den passenden Spruch parat:
Wenn use Katten 'ne Kau was, måsten we up 'n Balken taun melken!
Wenn unsere Katze eine Kuh wäre, müßten wir auf den Dachboden zum melken!
Auch zur Problematik der nicht immer erfolgreichen menschlichen Fortpflanzung gibt es selbstverständlich eine neunmalkluge Erklärung:
Wenn sei nich will un hei nich kann,
wett dor nich van!
Wenn sie nicht will und er nicht kann,
wird da nichts draus (von).
Statt wett dor wird üblicherweise die Kontraktion wette gesprochen.
Mt dem lästigen Schluckauf haben auch wir Norddeutschen immer wieder zu kämpfen. Leider dürfte die folgende Therapie nicht immer von Erfolg gekrönt werden:
Ick un Schlickup
güngen all 'n Esk up.
Eskup bliff ståån,
un de Schlickup schall gåån!
Ich und Schluckauf
gingen alle den Esch herauf.
Eschherauf bleibt stehen,
und der Schluckauf soll gehen!
Wo rohe Kräfte sinnlos walten... Im Plattdeutschen natürlich mit landwirtschaftlichem Bezug.
Mit Gewalt kamme 'n Zeegenbuck achten uplichtn!
Mit Gewalt kann man einen Ziegenbock hinten hochheben!
Hier muß man in der Tat erhebliche Gewalt anwenden, denn kein Ziegenbock, der etwas auf sich hält, wird das ohne Gegenwehr dulden...
Kamme ist eine Kontraktion aus kann me.
Uplichtn ist Lohbecker Platt. Im 10 Kilometer entfernten Westerholte heißt es stattdessen upbördn oder upbörn. Ein weiteres Beispiel der starken regionalen Unterschiede im Plattdeutschen.
Auch in Norddeutschland benötigen Handwerker Schnaps als Treibstoff.
Stroh, Spielen und Schluck, wat ick toleste secht heff, woll ick toerste hebben.
Stroh, Stange/Latte und Schnaps, was ich zuletzt gesagt habe, will ich zuerst haben.
Solchart kundgetan Ende der 50er Jahre von Zimmermeister Fibbe aus Westerholte-Grovern beim Richtfest der Scheune des Bauern Bußmann (meines Großvaters) in Westerholte.
Frauen sind so eine Sache...
Wor me kien Gneit van heff, heff me ok kien Vedreiht van.
Wo man keinen Genuß von hat, hat man auch kein Verdrehen (Verdruß) von.
Copyright ©1998, 1999, 2000, 2005, 2007, 2008 Martin Stricker.
Inhaltsverzeichnis Plattdeutsch
Erstellt am Fre 21.08.1998 von Martin
Stricker.
Zuletzt geändert am Fre, den 31.10.2008 um 22:29.